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Der erste Schritt: Das Lesen ist wie das Schreiben wesentlich von der Beherrschung der Symbole, also Buchstaben, Zahlen und Satzzeichen abhängig, sowie vom Erfassen der Laute. Deshalb besteht eine Grundanforderung der AFS-Methode darin, dass diese völlig beherrscht wird, bevor man an das Lesen herangeht.
Der zweite Schritt: Die AFS-Methode beinhaltet in Bezug auf das Lesen noch eine weitere Grundanforderung. Das Bewusstsein, dass alle Worte nur aus Buchstaben bestehen, muss für das legasthene Kind unbedingt vorhanden sein, sonst kann der Leseprozess nicht erfolgreich vorangetrieben werden. Die Eigenart des Legasthenikers ist es, Unbehagen zu empfinden, wenn er einen längeren Text vor sich sieht den er lesen soll. Wird ihm aber klar gemacht, dass es sich immer wieder um die gleichen Symbole handelt, mit denen er es zu tun hat, ändert sich dieses Gefühl schlagartig. Darüber zu sprechen ist ein wichtiger Ansatz, denn der legasthene Mensch kann von sich aus die Tatsache nicht erkennen, dass es sich um eine beschränkte Anzahl von Symbolen handelt. Für ihn erscheinen sie als beinahe unendlich und nicht bewältigbar. Der dritte Schritt: Die dritte Grundanforderung vollzieht sich im Erfassen des Wortganzen. Dieser Schritt von den Symbolen zum Wortganzen muss sich natürlich auch vollziehen, um das Ziel, ein fehlerloses und auch verständiges Lesen zu erzielen. Gerade zu lesen und das Gelesene auch zu verstehen fällt ja legasthenen Kindern nicht immer leicht. Sie identifizieren zwar die Buchstaben und Wörter beim Lesen, doch geht oft der Inhalt des Gelesenen verloren. Das macht natürlich wenig Spaß und regt nicht zum Lesen an. Eine Studie, die über viele Jahre durchgeführt wurde, zeigte, dass eine zusätzliche Unterstützung für legasthene Kinder durch Lesehilfen, wie z.B. der Easy Reading Schablone, welche den Text eingrenzt und ein Farblesen ermöglicht, sich als besonders hilfreich erweisen kann. Das Besondere dieser Leseschablone (colored overlay card for reading) sind die vier Felder an den Ecken, die alle eine andere Farbe haben (Durchsichtigblau, durchsichtigrosa, durchsichtiggelb und durchsichtig ohne Farbe), stehen dem Kind zur Auswahl. Hat sich das Kind für eine Ecke entschieden, wird diese über den Text gelegt. Der Text ist jetzt nicht nur eingegrenzt, sondern auch durch eine Farbe abgedämpft zu sehen. Es gibt natürlich auch Kinder, die nur die durchsichtige Ecke aussuchen. Die durchsichtige Ecke ist auch für farbige Texte gedacht. Liegt die Schablone nun über dem Text, so wird der Effekt erzielt, dass der mitunter für das Auge des Legasthenikers sehr störende schwarz auf weiß Kontrast der Symbole sanfter erscheint. Die Eingrenzung des Textes hat den Sinn, dass der Text in seinem gesamten Umfang vom Kind nicht so negativ wahrgenommen wird.
Es gibt nun eine besondere Lesetechnik in der AFS-Methode. Der gesamte Leseprozess sollte genau nach den vorgegebenen Schritten erfolgen.
Erster Schritt: Unbedingt notwenig ist, dass das Kind mit Beginn des Lesetrainings daran erinnert wird, mit seinen Gedanken bei der Sache zu sein. Oft muss man es auch während des Trainings zur Aufmerksamkeit rufen.
Zweiter Schritt: Die Leseschablone wird über das erste Wort im Satz ganz langsam gezogen, sodass Buchstabe für Buchstabe eines Wortes präsentiert wird.
Dritter Schritt: Das Wort steht nun in der Ecke der Schablone und wird vom Kind lautiert oder buchstabiert. Ob das Kind lautiert oder buchstabiert ist davon abhängig, wie dies in der Schule gehandhabt wird. Auf keinen Fall sollte das Kind umgewöhnt werden.
Vierter Schritt: Das Wort wird, nachdem es vom Kind in die Einzelbuchstaben zerlegt worden ist, vom Trainer deutlich ausgesprochen. Es hört das Wort nicht von seiner eigenen Stimme. Das Wort wird dabei vom Kind genau betrachtet.
Fünfter Schritt: Nun spricht das Kind das Wort deutlich aus. Damit ist die erste Phase abgeschlossen. Diese vier Schritte erfolgen nun bei den weiteren Worten des Textes. Es ist zu bemerken, dass die Zahl der so zu erarbeitenden Worte die Hundertergrenze nicht übersteigen soll. Nachdem der gesamte Text präsentiert, lautiert oder buchstabiert, vom Trainer gesprochen, vom Kind gesprochen wurde, geht es in die nächste Phase.
Sechster Schritt: Nun wird die Leseschablone nochmals langsam über jedes Wort gezogen. Dabei soll vom Kind das Wortbild jedes einzelnen Wortes genau erfasst werden. Es ist wichtig, dass dem Kind klar gemacht wird, in dieser Phase die Wörter nicht unbedingt zu lesen, sondern nur genau das Wortbild zu betrachten.
Siebenter Schritt: Wurden alle Wörter betrachtet und das Wortbild erfasst, erfolgt der nächste Schritt. Der Text wird gelesen, wobei man dem Kind freistellen soll, ob es dabei die Schablone verwendet. Man achtet nun genau darauf, ob der Text auch korrekt gelesen wird. Sollte es zu Fehlererscheinungen kommen, ist die absolute Konsequenz des Trainers notwendig. Das Kind soll dazu bewegt werden, wieder zum Textanfang zurückzugehen und nochmals den gesamten Text zu lesen. Bei jedem Fehler muss dieser Schritt, der von besonderer Bedeutung ist, durchgeführt werden. Es hat sich gezeigt, dass durch diese Maßnahme die Kinder versuchen, sehr aufmerksam zu lesen.
Achter Schritt: Der letzte Schritt ist die Überprüfung, ob das Kind das Gelesene auch inhaltlich zur Kenntnis genommen hat. Deshalb ist es notwendig über den Text, nachdem er gelesen worden ist, zu sprechen. Das kann nun wahlweise schon nach einem Satz gemacht werden, oder man liest zwei, drei Sätze und spricht dann darüber. Auch ist es zulässig über den Inhalt zu sprechen, nachdem der gesamte Text gelesen worden ist. Es ist für das Kind erfahrungsgemäß sehr positiv, wenn es nicht nur über den Inhalt, sondern auch über seine Gefühle oder Gedanken, über die bildliche Vorstellung, die es sich über den Text macht, sprechen darf! Dabei sollte sich der Trainer als ideenreicher Gesprächspartner und geduldiger Zuhörer zeigen.
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